PALMBUSCHEN

PALMBUSCHEN

Der Palmsonntag ist der letzte Sonntag der Fastenzeit, mit ihm wird die Karwoche eingeleitet. Traditionellerweise wird mit der Segnung der Palmbuschen an den Einzug Jesu in Jerusalem gedacht. In unseren Breiten ist die Palmweihe eine Segenshandlung im Frühjahr, die Schutz vor Gefahren für Haus und Hof bringen soll.

In Schönegg durfte ich mich mit Franz Poschgan, geboren 1946, über die hohe Kunst des Palmbuschenbindens unterhalten und auch darüber, wie wichtig es dabei ist, die spirituellen und religiösen Grundregeln einzuhalten. Franz besuchte, obwohl er zur Gemeinde Seggauberg gehörte, die ersten beiden Klassen der Volksschule in Heimschuh. Hier begann er auch seinen Dienst an der Kirche, indem er als Ministrant beim legendären Heimschuher Pfarrer Franz Schuster wirkte. Damals war es ganz selbstverständlich, dass der Priester auch den Religionsunterreicht in der Schule abhielt und so lernte Franz vor beinahe 65 Jahren, worauf es beim Binden der Palmzweige ankommt. Das Abschneiden der Palmzweige sollte traditionsgemäß um den Schmerzen-Freitag herum passieren, das ist der Freitag vor dem Palmsonntag. Früher, erinnert sich Franz an eine Geschichte des Pfarrers, war es üblich, dass die Knechte für ihre Bauern die Palmbuschen banden. Die schönsten trug der Bauer selbst bei der Palmprozession und der Knecht bekam für seine Arbeit pro gebundenem „Kranzl“ ein Ei. Da die Palmbuschen meist eine Länge von gut einem Meter und mehr hatten, bekam der fleißige Knecht gut und gerne fünf bis sieben Eier, was zur damaligen Zeit ein wirklich großer Wert war. Oft gab es noch ein paar blaue Flecken dazu, denn natürlich waren die anderen Knechte neidisch. Gut und gerne, so erzählte der Pfarrer, wurde der eine oder andere Palmbuschen umgedreht und als wirksamer Prügelstock gegen den Eiergewinner eingesetzt.

 

Alles, so erzählt Franz, hat seine Bedeutung. Zehn oder zwölf Weidenruten werden für den Palmbuschen ausgewählt, je nachdem, wie lange er werden soll. Die zehn Ruten stehen für die Gebote Gottes, die zwölf Ruten symbolisieren die Apostel des Herrn. Für das Binden der Kranzln verwendet Franz dünne Weidenruten, die sich leicht biegen lassen. Diese können auch aufgespalten oder eingeweicht werden, damit sie sich leichter binden lassen. Einen kleinen Holzstab bindet er mit ein und entfernt diesen wieder, sobald das Kranzl festgezogen ist. Damit schafft er genügend Spielraum, um später die Dekorationshölzer hineinstecken zu können. Ein gebundenes Kranzl bei einem kleinen Buschen steht für Jesus Christus, drei Bindestellen symbolisieren das Kreuzzeichen oder die Heilige Dreifaltigkeit. Wird der Buschen länger und bekommt fünf Kranzln, so symbolisieren diese die fünf Wundmale Christi, sieben stehen für die Sakramente oder die sieben Schmerzen Mariens und so geht es nach oben hin weiter bis zu den 40 Märtyrern.

Dann geht es an die Verzierungen; hierbei kommen Buchsbaum und Segenbaum zum Einsatz. Beiden immergrünen Bäumen wurden bereits in vorchristlicher Zeit besondere Schutzeigenschaften für Haus und Hof zugeschrieben; viele Jahrhunderte hindurch wurde, bevor ein neues Haus errichtet wurde, zuerst ein Buchs- oder Segenbaum gepflanzt. Diese Zweige werden nun in die Kranzln gesteckt, mancherorts gibt man noch Reisig dazu und auch die „Kranawitstaude“ (Wacholderstaude) findet hier ihren Platz. Jetzt steht dem Segen nichts mehr im Wege. Nach der Weihe beginnt die eigentliche Aufgabe unserer Palmbuschen. Einen Buschen steckte man früher am Palmsonntag in die Ackererde, um so um ein fruchtbares Jahr und eine gute Ernte zu bitten. In der Stube fand der Palmbuschen im Herrgottswinkel seinen Platz, über der Stalltür beschützte er das Vieh und waren noch welche übrig, wurden sie am Dachboden zum Trocknen aufgehängt. Die besten Dienste leisteten sie aber, wenn ein Unwetter nahte. Sofort wurde im Stubenherd ein Feuer mit dem Palmholz entzündet und so manche Naturkatastrophe wurde damit wohl abgewendet. Nach Weihnachten wurde der Palmbuschen mit den dicksten Weiden geöffnet; aus seinen Ruten fertigte man die Heiligen Drei Königskreuze an. Bevor es wieder auf Ostern zuging, hatten die Palmbuschen ihre letzte Aufgabe zu verrichten. Jenes Feuer, das den Backofen aufheizte, um das Osterbrot zu backen, wurde mit Palmholz entzündet. Da am Karfreitag ja bereits wieder die neuen Palmzweige im Haus waren, verwendete man die alten dazu, das Herdfeuer anzuheizen, auf dem das Osterfleisch gekocht wurde.

Franz Poschgan teilt sein Wissen nicht nur mit unseren Lesern, sondern ist darum bemüht, seine Traditionen an die jüngeren Generationen weiterzugeben. So bringt er auch gerne den Kindern in der Gemeinde die Kunst des Palmbuschenbindens bei. Im Schnitt, so erzählte er mir, macht er an die 200 Buschen pro Jahr für sich, seine Familie, Freunde, die Kommunionkinder und jeden, der ihn darum bittet. Bei seiner langen Karriere kommen da sage und schreibe an die 13.000 Palmbuschen zusammen. Danke Franz, dass du dein Wissen um die hohe Kunst, Glück und Segen für unser Heim zu erbitten, mit uns geteilt hast.