Scherenschleifer

Scherenschleifer

Scherenschleifer sind Handwerker, die als Reparatur-, Wartungs- und Instandhaltungsarbeit stumpfe Messer, Scheren und anderes Schneidwerkzeug schärfen und instand setzen.

Scherenschleifen gilt als alter Beruf des fahrenden Volkes und gehört in Mittel- und Westeuropa insbesondere zu den traditionellen Berufen der Jenischen. Es handelt sich um einen Anlernberuf, der gleichwohl viel Erfahrung erfordert und heute meist sowohl als Reisegewerbe von umherziehenden Kleinunternehmern als auch an festen Standorten praktiziert wird. Der Beruf wird inzwischen nur noch selten ausgeübt und zählt somit zu den aussterbenden Handwerken.
Mit der steigenden Nachfrage nach Hieb- und Stichwaffen ging um 1500 der Scheren- und Messerschleifer aus dem Handwerk des Waffenschmieds hervor. Der Name rührt von seiner Aufgabe her, ein Paar Scherenblätter passend zu schleifen. Während der Herstellung von Schwertern und Dolchen etc. mussten diese mehrmals geschliffen werden, was oft darauf spezialisierte Gehilfen des Waffenschmieds übernahmen. Als neben Waffen zunehmend „gute Scheren und Messer“ von verschiedenen Handwerken benötigt wurden und zudem in Privathaushalten gefragt waren, entstand der Bedarf, die durch Gebrauch stumpf gewordenen Schneidwerkzeuge wieder zu schärfen. So kam es zum Wandergewerbe des Scherenschleifers, der mit seinem Standardgerät, meist einem Schleifrad, übers Land und durch die Städte zog und das Nachschärfen anbot und erbrachte.

Das Prinzip des Schleifens beziehungsweise Schärfens ist immer gleich: Die Schneide, zum Beispiel einer Schere, wird über eine noch härtere Fläche – einen Schleifstein beziehungsweise eine Schleifscheibe (Schleifrad) – der Länge nach bewegt. Die dabei entstehende Hitze muss gegebenenfalls abgeführt werden, damit der Stahl des Schärfguts nicht seine Härte verliert, was bereits bei Temperaturen über 170 °C der Fall ist. Die dünnen Schneiden von Messerklingen sind hier besonders anfällig. Die einfachste Vorrichtung, in bäuerlichen Museen noch zu besichtigen, ist ein fahrbarer, länglicher und offener Wasserkasten, in den der runde Schleifstein von oben halb hineinragt. Dieser wird mit dem Fuß oder der linken Hand angekurbelt, während die rechte Hand das Schärfgut führt. Das Wasser dient zur Kühlung des Schleifrades und damit auch des Schärfguts. Ab dem 17. Jahrhundert zogen sogenannte Karrenschleifer von Ort zu Ort.

In vielen Ländern West- und Mitteleuropas, so auch in Österreich, kamen bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts reisende Scherenschleifer noch in regelmäßigen Abständen in die Wohnstraßen und Dörfer, um in den Haushalten ihre Dienste anzubieten und bei Bedarf Scheren und Messer zu schleifen. In den 1950er bis 70er Jahren wurde jedoch durch moderne Massenproduktion die Anschaffung von Scheren und Messern derart günstig, dass es meist kostensparender war, die alt gewordenen Schneidwerkzeuge durch Billigprodukte zu ersetzen. Infolge der mangelnden Nachfrage gingen die regelmäßigen Besuche von Scherenschleifern zunächst zurück und endeten schließlich nahezu gänzlich.

Das Gewerbe des Scherenschleifers wurde früher oft in abwertender Weise betrachtet. So existiert bis heute das Schimpfwort „Reden wie ein Scherenschleifer“, was einen Taugenichts beschreibt, der einem das Blaue vom Himmel herab verspricht, oder die Redensart „er sitzt da wie da Off auf’m Schleifstein.“ Gelegentlich hatten Scherenschleifer früher ein dressiertes Äffchen dabei, um Publikum anzuziehen; das Tier saß aber nie auf dem sich drehenden Stein, sondern hüpfte dauernd auf und ab.

Als Schutzpatronin der Scherenschleifer gilt – wie unter anderem bei den Waffenschmieden – die Heilige Katharina von Alexandrien.