Pech hacken

Pech hacken

Monatelang wurde eine Sau gemästet, bevor sie ihrem eigentlichen Zweck, dem Ernähren der Familie, zugeführt wurde. Bereits Tage zuvor wurde mit dem Nachbarn – dieser hatte von seinem Vater das Metzgern gelernt – ein Termin ausgemacht und am Vortag wurde alles dafür Nötige hergerichtet.

Wichtig für den Schlachttag war, dass wir genügend Saupech daheim hatten. Dafür waren wir Kinder zuständig; ausgerüstet mit einer Blechdose, unserer Holzleiter und einem Schaber machten wir uns auf den Weg in den Wald. Dort suchten wir nach Bäumen, die verletzt waren, um das ausgetretene und trockene Baumharz, das Pech, abzuheben. Unser bevorzugtes Ziel waren immer jene Bäume, die von den Grassschnoatern bearbeitet wurden.

Immer wieder verletzten sie bei ihrer Arbeit die Rinde und dort fanden wir, was wir suchten. Mir der Holzleiter stiegen wir zu den Narben hinauf, arbeiteten vorsichtig jedes Bröckerl Harz herunter und sammelten es in unserer Dose. Hatten wir genügend davon beisammen, ging es wieder heimwärts und unsere Ausbeute wurde auf ein Blech geschüttet. Dort befreiten wir das Harz von Rückständen wie Nadeln und Rinde, um es dann noch ein wenig im „Broter“, dem Backrohr unseres Küchenherdes, nachzutrocknen.  War alles schön hart, zerhackten wir das Pech und zerrieben die Stücke zu einem Pulver; das war unser Saupech.

Am Schlachttag machte der Nachbar seine Arbeit und wenn wir ebenfalls mit der Holzleiter die Sau in den „Bodtrog“ befördert hatten, wurde sie ordentlich mit unserem Pulver eingerieben. Wenn dann das heiße Wasser, welches wir vorher im Saukessel aufgekocht hatten, in den Trog geschüttet wurde, verklebte das Harz die Sauborsten und wir konnten mit der „Bodkettn“ und der Putzglocke die Borsten abziehen.

Manches Mal mussten wir auch Pech hacken, damit die Mutter Kolophonium herstellen konnte. Als Kolophonium werden die festen Bestandteile dieser Baumharze bezeichnet, die nach der Abtrennung der flüchtigen Bestandteile (Terpentinöl) durch Erhitzen zurückbleiben. Dieses konnte das eine oder andere Mal verkauft werden, denn es gab Leute, die es für das Einschmieren von Geigensaiten oder für die Herstellung von Farbe brauchten.